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Vor einem halben Jahrhundert wurde Jerusalem unter jüdischer Herrschaft wiedervereinigt, nach fast neunzehn Jahrhunderte nichtjüdischer Herrschaft. Am 7. Juni 1967 verkündete Mordechai Gur: „Der Tempelberg ist in unserer Hand!“. Unter dem Kommando von Motta Gur hatte die 55. Fallschirmspringerbrigade der israelischen Armee die Altstadt, die Westmauer und den Tempelberg erobert.
Jerusalem ist nicht irgendeine Stadt. Es ist die Stadt des jüdischen Volkes. Jahrtausendelang haben fromme Juden in aller Welt täglich mehrmals für den Wiederaufbau Jerusalems und ihre Rückkehr nach Zion gebetet. Jeder jüdische Bräutigam zertritt gegen Ende der Trauung ein Glas und gelobt: „Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre meine Rechte. Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein!“ (Psalm 137,5f.).
„Nächstes Jahr in Jerusalem!“ ist nicht nur der letzte Ausruf am Passaabend. Es ist die Sehnsucht des Volkes Israel durch Jahrtausende der Zerstreuung, Vertreibung, Verfolgung, unaussprechlichen Leidens bis zum Tod. Jerusalem ist die Existenzgrundlage des jüdischen Volkes. Wo immer seine Glieder diesen Brennpunkt vergaßen, gingen sie unter, das heißt, sie vergaßen ihre Identität und assimilierten sich innerhalb von ein oder zwei Generationen.
Jerusalem kann nicht isoliert gesehen oder verstanden werden. „Berge liege rund um Jerusalem“ beobachtete der Psalmist (125,2). Zion ist das Herz dessen, was Hesekiel (36,1) „die Berge Israels“ nennt. Mit der Wiedervereinigung Jerusalems kehrte auch das biblische Judäa und Samaria unter jüdische Souveränität zurück. Der Ruf „Der Tempelberg ist in unserer Hand“ verkündete, dass erstmals in fast zwei Jahrtausenden das Verheißene Land wieder in jüdischer Hand war, nicht nur Judäa, Benjamin und Samaria, sondern auch der Gazastreifen und die ganze Sinaihalbinsel im Süden. Im Norden hatte Israel die Golanhöhen, das biblische Baschan, bis auf Sichtweite von Damaskus erobert.
Bereits im September 1967 kehrten die „Kinder von Kfar Etzion“ dorthin zurück, wo ihre Eltern zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Dorf gegründet hatten. Soweit sie nicht evakuiert werden konnten, waren sie im Mai 1948 von arabischen Freischärlern abgeschlachtet worden.
Am Passaabend 1968 kehrte eine Gruppe von Juden nach Hebron zurück. Die jüdische Gemeinde der „Stadt der Väter“ war erst 1929 in einem Pogrom vernichtet worden, nachdem sie dort dreitausend Jahre lang ununterbrochen existiert hatte. 1971 wurde Kirjat Arba gegründet.
Das jüdische Viertel der Altstadt von Jerusalem hatte brachgelegen, nachdem seine jüdischen Einwohner am 28. Mai 1948 vor der jordanischen Armee kapituliert hatten. Bald nach der Rückkehr 1967 begann der Wiederaufbau, wobei archäologische Schätze, die dabei entdeckt wurden, bewahrt wurden. 1970 verband die israelische Regierung die Enklave auf dem Skopusberg mit dem jüdischen Jerusalem durch den Bau von Givat HaMivtar. Bald folgten weitere jüdische Viertel in Ostjerusalem.
Im Oktober 1970 wurde Kfar Darom im südlichen Gazastreifen wieder gegründet, das während des Unabhängigkeitskriegs Ende der 1940er-Jahre zerstört worden war.
In einem ständigen Kampf, der bis in die Gegenwart andauert, besiedeln Juden das Land, das bis 1967 jordanisch besetzt war. Bemerkenswert ist, dass zwischen 1949 und 1967, solange diese Gebiete, deren Zukunft heute so emotional diskutiert wird, von den Jordaniern besetzt waren, niemand eine palästinensische Souveränität forderte. Gegenwärtig leben etwa zehn Prozent von Israels Bevölkerung jenseits der so genannten „Grünen Linie“, den Waffenstillstandslinien von 1949. Niemals waren sie zur „Grenze“ erklärt worden. So ausdrücklich der Wunsch der arabischen Nachbarn Israels, die keinerlei Grenzen der „jüdischen Größe“ anerkennen wollten.
Viele Israelis haben allerdings gemischte Gefühle im Blick auf Jerusalem und die Berge, die es umgeben. Bereits die Kundschafter, die Mose vor dem Einzug in das Land Kanaan ausgesandt hatte, erkannten: Das ist nicht nur ein Land, in dem „Milch und Honig fließen“. Es ist auch „ein Land, das seine Einwohner frisst“ (4. Mose 13,27.32). Gewiss spiegeln die weinenden Fallschirmspringer an der Klagemauer im Juni 1967 die Gefühle von Millionen von Juden für Jerusalem und sein Herz, den Tempelberg. Gleichzeitig verfolgt das jüdische Volk aber auch, solange es eine Rückkehr in seine uralte Heimat ersehnte, ein zwiespältiges Gefühl, das mit Jerusalem und dem Land Israel verbunden ist.
Bereits 1949, als David Ben-Gurion Jerusalem zur Hauptstadt Israels erklärte, tat er das gegen Widerstände aus seinem eigenen Kabinett. Sein Außenminister Mosche Scharet trat wegen dieser Meinungsverschiedenheit zurück. In alter stalinistischer Fasson ignorierte Ben-Gurion den Rücktritt einfach. So wurde Jerusalem zur Hauptstadt des modernen Staates Israel, der niemals eine andere Hauptstadt hatte.
Ja, Schlomo Goren, der Oberrabbiner der israelischen Armee, blies das Schofar und verkündete so die Rückkehr des jüdischen Volkes an seine heiligsten Stätten. Zeitgleich soll sich Israels Verteidigungsminister Mosche Dajan aber beklagt haben: „Was soll ich mit diesem Vatikan?“ Anstatt die Rückkehr Israels zum Herzen seines Glaubens zu feiern, sorgte sich Dajan um muslimische Gefühle und betrachtete den Tempelberg nur als „fremden religiösen Kunstgegenstand“, der „nur Probleme verursacht“.
Tatsächlich war die Regierung Israels von ihrem militärischen Erfolg 1967 völlig überrascht. Im Rückblick auf 40 Jahre wiedervereinigtes Jerusalem schrieb Emmanuel Navon: „Israel hat den heiligsten Ort Jerusalems, den Tempelberg, nie wirklich in Besitz genommen.“ Daran hat sich auch zehn Jahre später nichts geändert.
So sehr Israels Linke und die internationale Gemeinschaft Israel einer „Siedlungspolitik“ verdächtigt, fehlt bei näherem Hinsehen seit einem halben Jahrhundert genau so eine erklärte und logisch verfolgte „Politik“. Es ist eine Bewegung innerhalb des Volkes Israel, die sich unmittelbar nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967 abzeichnete, eine Bewegung, die von Israels Politikern oft behindert und sogar bekämpft wurde. Im Rückblick sind es Israels „Rechtsregierungen“, die die Siedlerbewegung am effektivsten behindert, in manchen Fällen die Menschen sogar evakuiert haben. Gleichzeitig waren es diejenigen, die am wenigsten unter dem Verdacht „pro-Siedler“ zu sein, die eine Rückkehr des jüdischen Volkes in das Herzland Israel blühen ließen.
Das Volk Israel erleidet eine innere Zerreißprobe, weil die Rückkehr nach Zion nicht ohne einen bitteren Beigeschmack von statten geht. Der Sechstagekrieg hat nicht nur das jüdische Volk mit dem Herz des Judentums, Jerusalem, Judäa und Samaria, wiedervereinigt. Er machte auch diejenigen, die einst aus ihrer alten Heimat vertrieben worden, die unterdrückt und verfolgt waren, selbst zu Besatzern und zur Ursache für die Heimatlosigkeit von Millionen palästinensischer Flüchtlinge. Diese Perspektive, dieser Aspekt der Existenz des modernen Israels bestimmt heute die Sichtweise vieler jüdischer Israelis, ganz abgesehen von den Palästinensern und der internationalen Gemeinschaft.
Das Ergebnis dieser zu allererst und vor allem internen Auseinandersetzung ist, dass Israel nie wirklich erfolgreich seine historische Verbundenheit und den Anspruch auf das geografische Herz des Judentums geltend gemacht hat. Muslime und insbesondere die Palästinenser haben andererseits keine Anstrengung gescheut, historische Tatsachen zu verdrehen, wenn es darum ging, jüdische Verbindungen und einen legitimen Anspruch des jüdischen Volkes auf den Tempelberg, Jerusalem und das Herzland Israels zu leugnen.
Im Oktober 2016 unterstützte die internationale Gemeinschaft die muslimisch-palästinensische Seite, als die UNESCO offiziell daran erinnerte, dass „Al-Haram Al-Scharif“, wie der Tempelberg im Arabischen genannt wird, „besetztes palästinensisches Territorium“ ist. Am Tag vor Heiligabend desselben Jahres verurteilte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Israels „illegale“ Siedlungspolitik. So bleiben Jerusalem und die Berge, die es umgeben, ein Zankapfel selbst unter Juden. Und die Stadt selbst wird immer mehr zum „Laststein“ für die ganze Welt, genau wie der Prophet Sacharja (12,3) es vor zweieinhalb Jahrtausenden vorhergesehen hat.