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Liebe Leser,
stellen Sie sich vor, ich würde mit Aufnahmegerät und Schreibblock durch Jerusalem laufen und die Leute fragen: „Was denken Sie vom VfB-Stuttgart?“ – Die meisten würden mich mit großen Augen ansehen und fragen: „Was ist denn das? Kann man das essen? Ist das gefährlich?“ – Auf meine Erklärung, „Das ist so was Ähnliches wie Bayern-München!“, würden viele mit glänzenden Augen sagen: „Aah, Basketball!“ Kurz: Ich könnte zum Ende des Tages einen nicht einmal uninteressanten Artikel unter der Überschrift schreiben: „Ganz Jerusalem redet vom VfB-Stuttgart!“ Dass ich denselben ins Gespräch gebracht habe, muss ja nicht unbedingt erwähnt werden. Oder doch?!
Wir stellen oft Fragen, die uns unendlich wichtig erscheinen – und merken gar nicht, wie wir dadurch ein Zerrbild produzieren. Unsere Fragen sind legitim. Das will ich nicht in Frage stellen. Aber es ist eine Gefahr jeder journalistischen Arbeit, dass wir an den entscheidenden Knackpunkten vorbei denken, vorbei fragen und vorbei berichten, weil unsere eigenen Interessen so gewichtig sind. Wenn wir nur im Blick haben, was unsere Leser interessiert, verfälschen wir möglicherweise, was Menschen, über die wir berichten, tatsächlich bewegt. Manchmal liegen Welten zwischen dem, was sich Christen unter dem Heiligen Land vorstellen und deshalb hören wollen, und der Wirklichkeit im Nahen Osten.
Wenn ich wissen will, was Menschen tatsächlich bewegt, muss ich Mäuschen spielen, die Leute im ganz normalen Leben beobachten, wenn sie gelöst und entspannt sind still zuhören, ohne Schreibblock, ohne Mikrofon und ohne Kamera. Man kann übrigens ganz technisch einfach nur registrieren, welche Worte besonders häufig vorkommen, gerade wenn er oder sie sich nicht beobachtet, nicht interviewed, nicht ausgefragt fühlen. Das Jesus-Wort, „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“ (Lukas 6,45), ist da ein ganz guter Tipp für Journalisten.
Aber gilt das nur für den Journalismus? Könnte es sein, dass das auch für unseren Umgang mit der Bibel gilt? Wir suchen nach Antworten auf Herausforderungen des täglichen Lebens. Und das ist gut so! Ich bin überzeugt, dass Gott in unser Leben hinein reden will und viel Überraschendes und Erlösendes bereithält. Fragen Sie! Lesen Sie die Bibel! Und erwarten Sie Gottes Antwort!
Das schließt aber nicht aus, dass wir uns ab und zu Zeit und Stille nehmen und sagen: Herr, ich will wissen, was Dich bewegt! Ich will einmal ganz bewusst meine eigenen Probleme und Interessen zurückstellen, um zu hören, was Du auf dem Herzen hast! Ich lese einen Text, packe ein Thema an, das mich eigentlich gar nicht interessiert. – Oder, nehmen Sie einmal eine Bibelkonkordanz zur Hand und suchen Sie die Themen, die Sie bewegen, die in Ihrer Gemeinde wichtig sind. Und dann vergleichen Sie das damit, wie oft die Worte „Zion“, „Jerusalem“, „Israel“ oder auch „Land“ vorkommen.
Wenn wir als Israelnetz-Team das jüdische Volk, sein Land und seine Probleme thematisieren, tun wir das nicht nur, weil unsere Leser das wollen. Israel ist nicht nur ein Thema für Spezialisten, Verrückte und „Israel-Fans“. Gottes Handeln mit seinem Volk ist vor allem ein Thema, das die gesamte Heilige Schrift durchzieht und deshalb, so nehme ich an, ganz nah am Herzen Gottes ist. Darf ich das so sagen: Wenn Sie den Herzschlag Gottes hören wollen, dann sehen Sie auf Israel!
Mit einem herzlichen Schalom grüßt Sie aus Jerusalem,
Ihr Johannes Gerloff