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Liebe Leser,
„in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1. Mose 12,3). Das hat Gott dem Abram ins Stammbuch geschrieben, als er ihn von allen anderen Menschen unterschied. Der Stammvater Israels und seine Nachkommen sollen ein Segen für die Menschheit sein. Das Volk Israel ist niemals losgelöst von den Heidenvölkern denkbar. Wenn Gott mit seinem Volk handelt, seine Verheißungen erfüllt, dann gibt es immer auch „die andere Seite“. Und die Heilige Schrift berichtet uns erstaunlich viel und keineswegs „schwarz weiß“ über sie.
Da war etwa der Priesterkönig Melchisedek, der Abram mit Brot und Wein begrüßte. Abram gab ihm seinen Zehnten und setzte sich später für Sodom und Gomorra ein, als diesen das göttliche Gericht drohte. Der Philisterkönig Abimelech wird im Verhältnis zu Abraham und später auch zu Isaak in einem moralisch viel positiveren Licht gezeigt, als die Erzväter und ihre Frauen. Beim Kauf der Höhle Machpela in Hebron wird mehrfach betont, dass sich Abraham vor dem Volk des Landes verneigte und auf einer ehrenvollen und gerechten Lösung der Landfrage bestand, obwohl er gleichzeitig ganz klar den Unterschied aufrechterhielt und seinem Knecht das Versprechen abnahm, dass dieser seinem Sohn keine Frau von den Töchtern der Kanaaniter nahm.
Gott hat einen Plan mit „der anderen Seite“. So müssen Abrams Nachkommen das verheißene Land für 400 Jahre verlassen, weil Gott den Amoritern noch eine Gnadenzeit gewährt. Die berüchtigten Ausrottungsbefehle galten keineswegs pauschal, sondern müssen wohl unter dem Aspekt des Gerichts Gottes über Menschen verstanden werden, die – wie die Beispiele des Melchisedek und Abimelech zeigen – durchaus eine Beziehung zum Gott Israels hatten und dessen Maßstäbe kannten. Manche wurden aufgenommen ins Volk, lebten an der Seite des Volkes – wobei die Bibel kein Hehl daraus macht, dass es Schuld auf beiden Seiten gab. So sei nur daran erinnert, dass sich der König David offensichtlich Philister als Leibwache nahm. Bei Uria, dem Hetiter, dessen Frau David wahrscheinlich vergewaltigt hat und den er dann umbringen ließ, beschönigt der biblische Bericht nichts.
Bis in die Zeit Jesu hinein begegnen uns Nichtjuden im Land Israel. Geradezu hart konnte Jesus die kanaanäische Mutter einer kranken Tochter abweisen: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ – und gewährte ihr dann doch ihre Bitte, weil er ihren großen Glauben feststellte. Im Falle des Römerhauptmanns aus Kapernaum stellte er gar fest: „Solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden!“
Diese „andere Seite“ gibt es auch heute noch und sie ist so vielschichtig wie zu allen Zeiten. Es gibt nicht nur „die Palästinenser“, die Israel bekämpfen und dabei sich selbst und das Wohl ihrer Familien und ihres Volkes opfern. Es gibt auch Nichtjuden, die ihre Zukunft mit der des jüdischen Volkes verbunden haben. Es gibt „Palästinenser“, die israelische Siedlungen auf umstrittenem Land bauen und darin wohnen. Es gibt schon seit der Gründung des Staates Israel Araber, die in der israelischen Armee kämpfen. Aber es gibt natürlich auch nichtjüdische Menschen, die unter Israel leiden.
In unserer Berichterstattung wollen wir dem biblischen Beispiel folgen und ein möglichst umfassendes Bild von der Lage in und um Israel zeichnen. Deshalb verwenden wir viel Zeit darauf, nicht nur in Israel und aus jüdischer Sicht zu recherchieren, sondern auch in den palästinensischen Gebieten und in den umliegenden Ländern. Deshalb finden Sie auch in dieser Ausgabe wieder Schlaglichter von „der anderen Seite“.
Mit herzlichem Schalom grüßt Sie aus Jerusalem,
Ihr Johannes Gerloff