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Liebe Leser,
wir sind „wie eine Villa im Dschungel“, erklärt mir ein Israeli seine Gefühle. Vielleicht passt auch das Bild vom „Fels in der Brandung“, wenn man erlebt, wie ruhig es in Israel ist, während das Völkermeer ringsum brodelt. Ich schreibe diese Zeilen während die Palästinenser ihren „Tag der Katastrophe“ begehen. Für viele war die Staatsgründung Israels der Beginn eines Flüchtlingsdaseins. Nicht nur in Gaza, um Jerusalem und an der libanesischen Grenze kam es zu Unruhen. Eine große Gruppe von syrischen Palästinensern hat auf den Golanhöhen den Grenzzaun abgerissen und sich Zugang zum Drusendorf Madsch el-Schams verschafft. Der Dschungel lässt grüßen, auch dort, wo Israel mehr als drei Jahrzehnten lang seine ruhigste Grenze hatte. Gischt besprüht den Felsen. Die israelische Armee antwortet mit Härte auf mutwillige Grenzverletzungen. Es gab Tote und Verletzte. Wie das weitergehen soll, ist nicht absehbar.
Der Prophet Jesaja rückt das Geschehen um Israel in eine göttliche Perspektive. Aus der Sicht des Schöpfers sind die Völker „wie ein Tropfen am Eimer“, „wie ein Sandkorn auf der Waage“, „wie ein Stäublein“ (Jesaja 40,15). Jahrhunderte zuvor hatte schon der König David gesehen, wie die Völkerwelt um Israel tobt. Doch anstatt sorgenvoll die Stirn zu runzeln kommt der Psalmist zu dem Schluss: „der im Himmel wohnt, lachet ihrer, der Herr spottet ihrer“ (Psalm 2,4). Er, der alles geschaffen hat, hält auch alles in seiner Hand. Für ihn sind die tobenden Völker kein Problem, sondern ein Mittel auf dem Weg zum Ziel.
Jesaja darf seinem Volk Trost zusprechen (Jesaja 40,1). Der Trost Israels ist sein Gott (Jeremia 14,8) und sein Messias, sein Christus, sein Gesalbter. Nur in der Einheit mit Gott findet Israel Ruhe. Nicht der Zufall, sondern der Gott Israels führt sein Volk in sein Land (Jesaja 40,11; 49,8ff). Deshalb sehen sich aus biblischer Perspektive auch die nichtjüdischen Völker dieser geheimnisvollen „Trinität“ von Gott, Volk und Messias gegenüber. Sie lehnen sich auf „wider den Herrn und seinen Gesalbten“ (Psalm 2,2). Jesaja zeichnet in der zweiten Hälfte seines Buches ein eigenartig verschwommenes Bild vom Gottesknecht, der eindeutig mit „Israel“ oder „Jakob“ identifiziert wird, dann aber wieder als Einzelperson erscheint, als Messias. „Tastet meine Gesalbten – meine Messiase – nicht an“, warnt König David die nichtjüdischen Völker mit eindeutigem Bezug auf das Volk Israel (1. Chronik 16,22).
Die Bibel zeichnet Linien, die sich nur schwer mit der Realität reimen. Die arabische Welt wird beherrscht von einem irrationalen, selbstzerstörerischen Hass auf das jüdische Volk und alle Ausdrucksformen seiner Existenz. Israel selbst steckt in einer tiefen Identitätskrise, weiß nicht, wer es ist, was es soll, wie es weitergeht – und reagiert auf sein Gottesverhältnis angesprochen sehr empfindlich. Wer in unserer westlichen Welt als politischer Beobachter ernstgenommen werden will, sollte jegliche religiöse Interpretation des aktuellen Geschehens tunlichst vermeiden. Vielleicht deshalb scheint selbst „die Gemeinschaft der Gläubigen“ zu keiner wegweisenden Stellungnahme fähig, die über eine allgemeingültige Anmahnung der Menschenrechte oder Werbung für die eigene Sache hinausgeht. Wie mutmachend ist da die Stimme des Propheten Jesaja: „die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des Herrn Mund hat’s geredet“ (Jesaja 40,5).
Mit herzlichem Schalom aus dem umstrittenen Jerusalem,
Ihr Johannes Gerloff
P.S.: Nehmen Sie sich einmal eine stille Stunde und lesen sie Kapitel 40 des Jesajabuches und Psalm 2.