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Liebe Leser,

die „Lichter an der Feste des Himmel“ schuf Gott nicht nur, um zwischen Tag und Nacht zu unterscheiden und als Beleuchtung für die Erde, sondern auch als „Zeichen“, die „Festzeiten, Tage und Jahre“ anzeigen sollten (1. Mose 1,14f.). Damit verankert der biblische Schöpfungsbericht die Zeitrechnung in der Schöpfung. Der Kalender ist eine Schöpfungsordnung, keine bloße menschliche Erfindung. Deshalb rechnet das jüdische Volk „LiVriat HaOlam“ (seit Erschaffung der Welt) das Jahr als „Anno Mundi“. Während ich diese Zeilen schreibe, gehen wir vom Jahr 5774 ins Jahr 5775.

Weil die Zeitrechnung eine Schöpfungsordnung ist, beobachtet man in Israel den Mond. Wenn die Mondsichel am Himmel ganz verschwindet und kurz darauf umgekehrt wieder auftaucht, beginnt ein neuer Monat. Gleichzeitig bestimmt die Sonne den Jahresverlauf von Sommer und Winter. Das Sonnenjahr ist ungefähr elf Tage länger als zwölf Mondmonate. Deshalb schaltet die jüdische Zeitrechnung alle paar Jahre einen Monat ein. Der jüdische Kalender ist ein „Lunisolarkalender“, ein Kalender, der sich am Mond orientiert, aber dem Verlauf der Sonne angepasst wird.

Ursprünglich wurde der Schaltmonat durch Beobachtung der Natur ermittelt. Das Fest der Ungesäuerten Brote sollte am Tag des Auszugs aus Ägypten im Monat Aviv stattfinden. „Aviv“ bedeutet „Frühling“. Dieser Monat ist der Frühlingsanfang. Für den Zeitpunkt der Feier des Fests der Ungesäuerten Brote war nicht nur entscheidend, dass der 15. Aviv ins Land gezogen war. Eine zweite Bedingung war: „wenn du den Ertrag deiner Arbeit eingesammelt hast vom Felde“ (2. Mose 23,16). Wenn die Gerstenernte Mitte Aviv noch nicht eingebracht war, wurde ein Monat eingefügt, so dass im folgenden Monat alle Bedingungen für die Feier erfüllt waren. Heute werden die Schaltmonate im Voraus berechnet. Im biblischen Denken aber konnte nicht genau vorhergesehen werden, wann die Ernte eingebracht würde. Ein außergewöhnlich trockenes, feuchtes, warmes oder kaltes Jahr konnte den Kalender vorverlegen oder hinauszögern.

Diese Orientierung an der Gerstenernte ist der Grund dafür, dass wir in Bibel und Judentum zwei Jahresanfänge haben: Das Neujahr an „Rosch HaSchanah“, im Monat Tischrei im Herbst, das sich an der Schöpfung orientiert. Und ein landwirtschaftlicher Jahresbeginn im Frühjahr, im Monat Aviv, der an die Erlösung des Volkes Israel aus der Knechtschaft in Ägypten erinnert.

Während kriegerische Auseinandersetzungen die Schlagzeilen der Welt bestimmen, geht hier in Israel das Leben weiter. Natürlich bewegt uns die Lage im Gazastreifen und was in den Ländern im Norden und Osten von uns aus gesehen passiert. Man überlegt, welche Herausforderungen dadurch entstehen könnten. Aber das Leben hier ist weitgehend „normal“. „Nach den Festen!“ ist ein „Trost“, den man immer wieder zu hören bekommt, wenn man sich um einen Termin bemüht, eine Verabredung treffen oder eine Bestellung aufgeben möchte.

Einen Aspekt der „Normalität“ jüdischen Lebens wollen wir Ihnen mit dem Schwerpunkt dieser Ausgabe nahe bringen und wünschen Ihnen, was man momentan in Israel täglich zu hören bekommt: „Mo’adim LeSimchah“ – „Festzeiten zur Freude!“ oder auch „frohe Festtage!“

Ihr Johannes Gerloff

Der Autor

By Published On: September 22, 20142,6 min read

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