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„Ich beschuldige niemanden. Aber ich fühle mich schuldig, zusammen mit dem ganzen Parlament…“

Sein Familienname hieß ursprünglich Wilberfoss. Aber Williams Großvater folgte möglicherweise einer prophetischen Eingebung als er „foss“ zu „force“ veränderte, was „Kraft“ heißt. William Wilberforce war seit seiner Kindheit schwächlich und oft krank. Umso größere Kraft liegt in dem, was er erreicht hat. Dank seiner unermüdlichen Bemühungen wurde am 23. Juli 1833 das Gesetz zur Befreiung der Sklaven im gesamten Britischen Reich erlassen. Das war sein Lebenswerk. Drei Tage danach starb er am 29. Juli.

Bis zu seiner Zeit war Sklaverei und Sklavenhandel eine gesellschaftlich akzeptierte Tatsache. Auch heute gibt es viele Formen der Sklavenhaltung. Allerdings hatte Wilberforce einen unwahrscheinlichen Einfluss auf das Denken der Menschen der westlichen Welt. Deswegen hat ihn Eric Metaxas in seiner Biographie als den Mann, der die Welt veränderte, bezeichnet. In der christlichen Welt ist er vielleicht deshalb nicht sehr bekannt, weil er weder Prediger noch Missionar war, sondern Politiker und Redner. Bevor ich aber schildere, was William Wilberforce war, möchte ich erwähnen, was er nicht war: Er war nicht gleichgültig. Schon als Kind hatte er Mitgefühl mit anderen. Deswegen ist es ihm später so schwer gefallen, die Gleichgültigkeit anderer Menschen zu verstehen.

William Wilberforce wurde im Jahre 1759 in der englischen Stadt Hull in eine wohlhabende Familie adeliger Herkunft geboren. Obwohl er schon als Kind kurzsichtig und oft krank war, war er nett und aufgeschlossen und deshalb beliebt. Er musste den Tod seiner ältesten Schwester und seines Vaters erleben. Als dann auch seine Mutter schwer krank wurde, musste er zu seinem Onkel und seiner Tante nach Wimbledon umziehen.

Das war in der Zeit der sogenannten „großen Erweckung“, zu der auch seine Verwandten gehörten. Sie pflegten Freundschaften mit dem Prediger George Whitefield und John Newton, dem ehemaligen Kapitän eines Sklavenschiffes, der eine tiefe Umkehr erlebt hatte. In der ganzen englischsprachigen Welt ist sein Lied „Amazing grace“ („Wunderbare Gnade“) bekannt.

Die kinderlosen Verwandten liebten William, aber ihr geistlicher „methodistischer“ Einfluss missfiel seiner Mutter und seinem Großvater. Deshalb holten sie den Zwölfjährigen wieder zurück. Statt in die Kirche nahmen sie ihn ins Theater und in die Gesellschaft der Bälle und Kartenspiele. Allerdings blieb er im schriftlichen Kontakt mit seinem Onkel und seiner Tante, auch wenn ihn die weltlichen Freuden anzogen.

Als Student in Cambridge war er ein beliebter Kumpel, der nicht durch Frömmigkeit oder Fleiß auffiel. Später bedauerte er einige der Bekanntschaften, die er in dieser Zeit gepflegt hatte. In London begann er dann Parlamentsdebatten zu besuchen und schon 1780 entschied er sich für eine Parlamentskandidatur. Bald erreichte er die Position eines Vorsitzenden des Fürstentums York und mit 21 Jahren wurde er Parlamentsmitglied. Eng war er mit William Pitt dem Jüngeren befreundet, der bald darauf Premierminister wurde.

Ein Wandel vom oberflächlichen Christentum zum echten Glauben geschah in den Jahren 1784 und 1785 durch das Lesen geistlicher Literatur, vor allem der Bibel. Der Gedanke die Politik zu verlassen bewegte ihn sehr. Er vertraute sich seinem Freund Pitt an, der ihm riet, seine Begabungen weiterhin im öffentlichen Dienst einzusetzen. Während dieser Zeit, in der Wilberforce neue Orientierung suchte, wandte er sich unter anderem an den alten Bekannten John Newton, der ihm ebenfalls zusprach, in seiner Position als Parlamentarier zu bleiben.

Von da an wollte er seine Zeit nicht mehr vergeuden, sondern sinnvoll nutzen, um sich vor allem durch Lesen zu bilden und zu informieren. Bald schon hat er sich unter der Führung des Allmächtigen, wie er selber schrieb, zwei Ziele gesteckt: Die Auflösung des Sklavenhandels und eine Reform der Sitten. Der Zustand der niederen gesellschaftlichen Schichten belastete ihn sehr. Alkoholismus und Prostitution Minderjähriger waren verbreitet. Als großer Spaß galten Hinrichtungen am Galgen und das öffentliche Verbrennen der Leichen der Verurteilten. Auch das Leid der Tiere, etwa bei Rinderrennen durch die Städte, ließ ihn nicht kalt.

So begann er, auf mehreren Ebenen zu wirken – im Parlament, an der Öffentlichkeit und unter den Regierenden. Im Parlament schlug er neu Gesetze vor und setzte sich dafür ein, dass geltende Gesetze wirklich eingehalten wurden. Zum Beispiel, dass illegale Bordelle geschlossen wurden. Er recherchierte und veröffentlichte Fakten. Als er eine königliche Proklamation aus dem Jahre 1692 entdeckte, in der es um die Reform der Sitten ging, wandte er sich an König George III. und an den Londoner Bischof. Es gelang ihm, ihre Unterstützung zu gewinnen.

Nach und nach setzten sich diese Werte in einer Gesellschaft durch, in der die oberen Schichten als Beispiel vorangehen sollten. Gleichzeitig sollten die unteren Gesellschaftsschichten nicht mehr ignoriert oder verachtet werden. Wilberforce erntete mit seiner Vision nicht nur Anerkennung. Allerdings reagierten einige positiv, weil sie damit einverstanden waren, dass es an der Zeit war, etwas gegen übermäßigen Alkoholkonsum, Prostitution von Minderjährigen und eine Unzahl öffentlicher Hinrichtungen zu tun.

Wie mit den Sklaven umgegangen wurde, war den meisten Britten überhaupt nicht klar, obwohl ihr Wohlstand zu einem großen Teil von der Sklavenarbeit in den Zuckerrohrplantagen abhängig war. Weit verbreitet war die Meinung, dass Sklaven vor allem Kriegsgefangene oder Deserteure seien. Tatsache war allerdings, dass Stammeshäuptlinge ganze afrikanische Familien als Gefangene aus Stammeskriegen an europäische Sklavenhändler verkauften. Aus Afrika wurden sie dann unter unmenschlichen Bedingungen per Schiff auf die Karibischen Inseln transportiert. Die Schiffe waren unter Deck total überfüllt. Dadurch, dass die Sklaven aneinander gekettet waren, stolperten sie oft auf dem Weg zum Eimer und lagen dann verletzt in ihren eigenen Ausscheidungen. Voller Wunden, von Fieber, Durchfallerkrankungen, Hitze, Gestank und dem Mangel an frischer Luft geschwächt, starb die Hälfte der Sklaven bevor sie überhaupt am Ziel ankamen.

Wilberforce blieb kein Einzelkämpfer. Er verband sich mit Gleichgesinnten und sorgte gemeinsam mit ihnen für eine Veröffentlichung dieser Fakten. So konnte niemand mehr behaupten, er hätte nichts gewusst. Informationen weitergeben war eine seiner Strategien. Zudem gelang es ihm, Künstler für seine Ziele zu gewinnen. Sie verdeutlichten das Leid der schwarzen Sklaven. Durch wahrhaftige Informationen wurde die öffentliche Meinung, die Afrikaner seien minderwertig, verändert. Wilberforce und seine Freunde organisierten Petitionen, die dann von vielen unterschrieben wiederum das Parlament beeinflussten.

William Wilberforce liebte sein Vaterland. Diese Liebe hinderte ihn nicht daran, Menschen aus anderen Nationen zu lieben. Im Gegenteil, er pflegte Briefkontakte mit Menschen aus vielen Ländern, fühlte sich verantwortlich und trug die Last der Verantwortung dafür, was sein Land und seine Landsleute angerichtet hatten. In einer berühmten Rede vor dem britischem Parlament erklärte er: „Ich beschuldige niemanden. Aber ich fühle mich schuldig, gemeinsam mit dem ganzen Parlament Großbritanniens, dass wir dieses schreckliche Handel geduldet haben, dass es unter seiner Autorität betrieben wird.“ Gleichzeitig betonte Wilberforce, dass die Bekämpfung des Sklavenhandels nicht nur im Interesse der Briten liege, sondern dass es dabei um ganz Europa und die ganze Welt ginge.

Gleichermaßen erinnerte er im Parlament an die Verantwortung für die Inder in den britischen Kolonien und schlug vor, dass man nach Indien Geistliche und Lehrer aussenden solle. Bis dahin war es Missionaren per Gesetz verboten nach Indien auszureisen. Als Argument für die Rechtfertigung dieses Gesetzes dienten kulturelle Gepflogenheiten, die man nicht missachten wolle, zu denen allerdings auch das Verbrennen von Witwen bei lebendigem Leibe gemeinsam mit ihren verstorbenen Ehemännern gehörte. Wilberforce sprach sich gegen Menschenopfer und die Tötung von Schwachen und Alten aus. Die Inder wurden von ihren Kolonialherren teilweise als Minderwertige behandelt und ausgenützt. Die Befürchtung stand im Raum, der christliche Einfluss könne diesen Umgang stören.

Gegen Ende seiner politischen Laufbahn setzte Wilberforce sich auch für die Gleichberechtigung der Katholiken neben der Anglikanischen Kirche ein. Es ist unmöglich in einem Artikel ein vollkommenes Bild seines Lebens zu zeichnen. Doch kurz sei sein Familienleben erwähnt. William Wilberforce heiratete erst im Alter von 37 Jahren die damals 20-jährige Barbara Spooner. Gemeinsam hatten sie sechs Kinder. Mehrmals am Tag traf er sich mit seiner Familie zum Beten und Bibellesen. In einer bestimmten Phase seines Lebens bekannte er öffentlich, er wolle mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Ihr Haushalt sei etwas chaotisch gewesen – was offensichtlich die vielen Besucher, die gerne vorbeikamen, nicht störte.

Der Ruhetag, den er „Sabbat“ nannte, war für ihn ein Tag der Familie. Lange vor dem Gottesdienst machte er Sonntagfrüh schon um sechs Uhr seinen Gebetsspaziergang durch die Natur. Dabei fühlte sich Wilberforce richtig glücklich, lobte Gott, konnte mit ihm über alles reden und neue Kraft schöpfen. In seinen Briefen empfahl er diese Gewohnheit allen, die er liebte.

William und Barbara mussten den Tod ihrer ältesten Tochter erleben. Die Achtung, die seine Kinder für ihn hatten, zeigte sich nicht zuletzt darin, dass seine Söhne Robert und Samuel eine fünfbändige Biographie über ihn schrieben. Eric Metaxas beschrieb Wilberforce in seiner Biographie als einen der intelligentesten, schlagfertigsten, am besten vernetzten und allgemein talentiertesten Männer seiner Zeit.

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By Published On: Juli 16, 20207,5 min read

2 Comments

  1. Emma Dezember 5, 2023 at 5:53 pm - Reply

    Hat mir sehr bei meinem Referat geholfen.Danke:)

  2. Martin Markwalder Februar 13, 2023 at 5:12 pm - Reply

    Sehr wertvolle Darstellung eines überzeugenden Christen. Kann ich vermutlich für den Unterricht an der Volksschule verwenden.
    Vielen Dank
    Martin

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