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Kein Problem schien deutschen Kirchenvertretern die Bitte der muslimischen Gastgeber auf dem Tempelberg, die Amtskreuze auf ihrer Brust zu verdecken. Reinhard Marx, Vorsitzender der deutschen katholischen Bischofskonferenz, und Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, ließen sich gemeinsam mit Scheich Omar Awadallah Kiswani vor der goldenen Kuppel des Felsendoms fotografieren. Der Jerusalem-Besuch der beiden obersten Repräsentanten der größten deutschen Kirchen im Oktober vergangenen Jahres fand während des Laubhüttenfestes statt.
Zwar hatten einzelne Journalisten das Zeichen bemerkt, das die Kirchenführer durch das Verbergen des Kreuzes gesetzt hatten. Aufruhr verursachte der Vorfall aber erst, als sich der damalige Sprecher der israelischen Armee, Major Arye Sharuz Shalicar, zu Wort meldete. Shalicar verwehrte sich gegen die Behauptung, auch die jüdische Seite habe gefordert „aufgrund der angespannten Lage“ Glaubenssymbole nicht offen zu tragen. „Als Vertreter der israelischen Sicherheitsdienste“ war Shalicar „empört über diese Behauptung“ und warf den deutschen Kirchenvertretern vor, gegenüber ihren „radikal-arabisch-muslimischen Gastgebern“ eingeknickt zu sein.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Juden in deutschsprachigen Medien ihre christlichen Mitbürger darauf aufmerksam machen, dass das Verstecken des Kreuzes etwas mit Verleugnung des Glaubens zu tun haben könnte. Auf evangelisch.de blieb das Bild vom Scheich mit den Bischöfen ohne Kreuz lang unkommentiert, bis Bedford-Strohm im Dezember dann nach heftiger Kontroverse den Eindruck bedauerte, „wir würden unseren Glauben im Gespräch mit anderen Religionen verstecken“, der nach der medialen Debatte entstanden sei.
Die deutschen Bischöfe hatten das Kreuz nämlich in einer Region verschwinden lassen, in der in jüngster Zeit Tausende von Christen ihr Leben dafür gelassen haben, weil sie eben dieses Kreuz nicht verstecken wollen. Warum Marx und Bedform-Strohm sich nicht von vornherein mit ihren orientalischen Glaubensgeschwistern solidarisiert und offen von ihren muslimischen Gesprächspartnern eine eigentlich selbstverständliche Toleranz eingefordert haben, bleibt offen. Immerhin tobt allein der Konflikt in Syrien seit mehr als einem halben Jahrzehnt und fordert pro Jahr mehr Todesopfer, als der gesamte Nahostkonflikt um Israel und seine arabischen Nachbarn in 70 Jahren – alle Kriege und kriegsähnlichen Auseinandersetzungen, in die Israel verwickelt war, eingerechnet.
Gleichzeitig haben sich die beiden Deutschen mit einem Vertreter des Waqf an just jener Stelle fotografieren lassen, die gegenwärtig wie keine zweite dazu missbraucht wird, um biblisches Erbe auszulöschen. Die beiden Bischöfe hätten ihre Gastgeber nicht unbedingt daran erinnern müssen, dass die Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg ebenso wie die Ibrahimi-Moschee in Hebron oder die Hagia Sophia in Istanbul ursprünglich kirchliche Sakralbauten waren. Aber das Bild der kreuzlosen Bischöfe reiht sich nahtlos ein in eine Kampagne, der auch ein UNESCO-Entscheid zum „besetzten Palästina“ angehört, der wenige Tage zuvor verabschiedet worden war.
Die UNESCO zum „besetzten Palästina“
Unter der Überschrift „Besetztes Palästina“ bemängelte die „Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur“ (UNESCO) am 13. Oktober 2016 die Weigerung Israels, einen ständigen UNESCO-Vertreter in Ostjerusalem zu genehmigen, bedauerte die archäologischen Ausgrabungen Israels in Ostjerusalem und verurteilte „israelische Aggression gegen die muslimische Verwaltungsbehörde (Waqf)“. Sie kritisierte ferner israelische Baumaßnahmen im Umfeld des Areals und bedauerte, dass die Al-Aqsa-Moschee und der „Al-Haram Al-Scharif“, das „noble Heiligtum“, wie der Tempelberg von Muslimen in arabischer Sprache bezeichnet wird, von jüdischen Rechtsextremisten und „uniformierten Kräften“ „gestürmt“ worden sei.
Problematisch ist nicht, dass die UNO Israels Verwaltung heiliger Stätten kritisch beobachtet und kritisiert. Skandalös ist – genau wie bei den Kreuzen der deutschen Bischöfe – was unsichtbar ist, ignoriert oder geleugnet wird.
So schwieg die UNESCO, als zwei Jahre nach ihrer Gründung 58 Synagogen in Jerusalems Altstadt zerstört wurden. Ein jordanischer Kommandeur verkündete nach der Sprengung der traditionsreichen Hurva-Synagoge: „Zum ersten Mal seit 1 000 Jahren ist kein einziger Jude mehr im Jüdischen Viertel. Kein einziges Gebäude verbleibt intakt. Das macht eine Rückkehr der Juden unmöglich.“ Die UNESCO schwieg auch, als die jordanischen Besatzer in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten Juden den Zugang zu ihren heiligsten Stätten verwehrten.
Das Schweigen der UNESCO schreit unablässig zum Himmel, bis hin zum Ausbaggern der Südostecke des Tempelbergs in den Jahren 1999 und 2000. Damals entfernte der Waqf zum Bau einer Moschee 9 000 Tonnen Schutt aus den so genannten „Ställen Salomos“ – ein archäologisches Verbrechen, das mit der Sprengung der Buddha-Statuen durch die Taliban und dem Zerschlagen von archäologischen Schätzen durch den Islamischen Staat vergleichbar ist. Weil der jüdische Staat Israel Derartiges unter seiner Hoheit geduldet hat, könnte man ihm sogar Komplizenschaft vorwerfen.
Skandalös ist ferner, was die UNESCO unter der Überschrift „Besetztes Palästina“ nicht sagt. „Das Dokument bezieht sich auf die Jerusalemer Stätte nur mit ihrem arabischen Namen“, jubiliert der qatarische Nachrichtensender Al-Dschassiera. Die Verbindung von Juden und Christen zu diesem Ort wird ebenso ignoriert, wie die Tatsache, dass Jahrhunderte lang ein israelitischer und jüdischer Tempel auf diesem Hügel standen. Georg M. Hafner bezeichnet diesen UNESCO-Entschluss als „schamlosen antisemitischen Plot, der seinesgleichen sucht“. Durch den Zusatz „die Besatzungsmacht“ wird die Legitimität des Staates Israel, wann immer er namentlich im UNESCO-Beschluss genannt wird, ebenso unterhöhlt, wie die der „so genannten“ „Israeli Antiquities“-Behörde.