Teile diese Geschichte auf deiner Plattform!
Die ganze Tradition des Neujahrsfestes wurde aus einem biblischen Gebot entwickelt: „Und der Herr redete mit Mose und sprach: Sage zu den Israeliten: Am ersten Tage des siebenten Monats sollt ihr Ruhetag halten mit Posaunenblasen zum Gedächtnis, eine heilige Versammlung. Da sollt ihr keine Dienstarbeit tun und sollt dem Herrn Feueropfer darbringen“ (3.Mose 23,24-25).
Zu jedem religiösen Fest in Israel gibt es bestimmte Segensprüche, Gebete, Grüße, Speisen und Lieder. Vor dem Neujahrsfest „Rosch HaSchanah“ wünschen sich Menschen überall ein gutes neues Jahr: an der Kasse im Supermarkt, in der Autowerkstatt, zum Ende eines Gesprächs mit einem Bekannten. Je nach Umfeld wird dieser Gruß dann noch ergänzt. Nach einem Elternabend in der Schule – der neue Schulanfang und das Neue Jahr fallen ungefähr in die gleiche Zeitperiode – wird zum Beispiel allen ein gutes und erfolgreiches oder ein gutes und fruchtbares Jahr gewünscht. Natürlich wünscht man sich auch ein gesegnetes Jahr.
Das Wort „gut“, auf Hebräisch „tov“, bedeutet mehr als in vielen anderen Sprachen. Es ist ein Wort, das aus der Bibel stammt und gleich im ersten Kapitel, im Schöpfungsbericht, mehrmals vorkommt. In der Bibel finden wir kein Komparativ oder Superlativ dieses Wortes. „Gut“ im biblischen Sinne bedeutet gleichzeitig auch „besser“ und „am besten“.
Wenn zum Beispiel Elkana seine kinderlose Frau trösten möchte, sagt er: „Bin ich Dir nicht ‚tov‘ als zehn Söhne?“ (1. Samuel 1,8). Oder, wenn dem frustrierten Jona schwer fällt, Gottes Art mit Ninive umzugehen zu akzeptieren, klagt er: „Tov ist mein Tod als mein Leben!“ (Jona 4,3). Und der Psalmist bekennt: „Denn deine Güte ist tov als Leben…“ (Psalm 63,4).
Es gibt trotzdem gerade im Schöpfungsbericht eine Steigerung und zwar den Ausdruck „sehr gut“. Mit diesem „sehr gut“ hat der Schöpfer am sechsten Schöpfungstag seine kreative Tätigkeit bewertet und sie mit der Segnung des siebten Tages vollendet. Er gönnte sich dann eine Ruhepause nach einer sehr gut gelungenen Arbeit. Nach der jüdischen Tradition ist gerade der Neujahrsanfang der sechste Schöpfungstag. In den Gebeten des Rosch HaSchanah-Festes lobt man Gott als den Schöpfer und König der ganzen Welt.
Von allen Wünschen am meisten, hört man den Wunsch nach einem guten und süßen Jahr. Warum fügt man dem Wunsch für ein gutes Jahr noch den Wunsch für ein süßes Jahr hinzu, fragt Rabbi Shraga Simons? Weil das, was für uns gut ist, nicht immer angenehm oder schön sein muss. Bis heute ist im Judentum der Gedanke gegenwärtig, den der Apostel Paulus im Römerbrief wörtlich so formuliert hat: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zusammenwirkt zum Guten, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind“ (Römer 8,28).
So fast ein Lied der heute schon legendären Komponistin und Dichterin Naomi Schemer zusammen: „Vielleicht wird es ein gutes Jahr sein. Vielleicht werden wir Hallelujah singen, weil das eigentlich an uns selbst liegt.“
Rosch HaSchanah gehört zu den Festen des Monats Tischri, wie auch der Große Versöhnungstag und das Laubhüttenfest. Niemand wundert sich darüber, dass das neue Jahr im siebten Monat anfängt. Die Feste, die im Jahreszyklus an die Taten Gottes erinnern, weisen unter anderem darauf hin, dass es nicht nur einen Anfang gibt. So haben auch die Bäume ein Neujahr und zwar dann, wenn sie gegen Ende der Regenzeit neu austreiben.
Zum jüdischen Neujahr am Ende des heißen und staubigen Sommers, wenn die Tage schon kürzer werden und am Morgen der erfrischende Tau alles bedeckt, bekommt die Natur einen zweiten Atem. Dieses Fest ist das Ende der landwirtschaftlichen Saison und der Beginn einer neuen Saison. Die Rosen fangen noch einmal an zu blühen. Wie man in einem bekannten Lied singt: „An Rosch HaSchanah blühte Schoschana.“