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Liebe Leser,

eigentlich kann man der „notwendigen Kritik“ der EKD in ihrer Orientierungshilfe „Gelobtes Land? Land und Staat Israel in der Diskussion“ [1] am christlichen Zionismus nur aus vollstem Herzen zustimmen. Es ist abzulehnen, wenn jemand

  • Judentum und Staat Israel nur als Instrumente zur Herbeiführung eschatologischer Geschehnisse betrachtet und dem Judentum keinen eigenen Wert zugesteht.
  • das Recht einer jüdischen Existenz in der Diaspora bestreitet.
  • biblische Aussagen eng führt und endzeitliche Abläufe konstruiert.
  • Nichtjuden ein Lebensrecht im Land Israel bestreitet oder gar das Existenzrecht der Kirchen in dieser Region negiert.
  • konfliktverschärfend wirkt und der biblischen Botschaft von Versöhnung und Feindesliebe widerspricht.

Da gibt es nichts zu diskutieren! – Oder doch?

Irgendwie scheinen die Autoren der kirchlichen Orientierungshilfe bei ihrer Kritik am christlichen Zionismus den Vorsatz, eine „komplexe Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick zu nehmen, um so zu einem begründeten, eigenständigen Urteil zu kommen“ (Seite 9), völlig vergessen zu haben. Nach einer grundsätzlichen Absicherung, es gebe natürlich „unterschiedliche Varianten des »christlichen Zionismus«“, wird dieser pauschal in eine polarisierende, extremistisch rechtsnationale, ja, rassistische Ecke abgeschoben.

Stutzig macht sodann die Beobachtung, dass es nicht selten christliche Israelfreunde sind, die sich für die Lage der Palästinenser engagiert interessieren. Und schließlich taucht die Frage auf: Wer behauptet denn das, was die EKD-Beauftragten so vollmundig anprangern?

Aus diesem Grund habe ich alle in der EKD-Orientierungshilfe namentlich genannten christlich-zionistischen Organisationen angesprochen und um eine Stellungnahme gebeten – soweit das möglich war. Die Arbeitsgemeinschaft Christen für Israel gibt es nämlich seit etwa einem halben Jahrzehnt gar nicht mehr. Andererseits ist bemerkenswert, dass die profiliertesten christlich-zionistischen Organisationen in Israel, die Internationale Christliche Botschaft und das Internationale Christlich-Zionistische Zentrum, von der EKD überhaupt nicht genannt wurden.

Einige der christlichen Zionisten wollten überhaupt nicht auf die Behauptungen der EKD eingehen. Begründung: Man verteidigt sich doch nicht für etwas, das man nicht glaubt! Der amerikanische Leiter von Christian Friends of Israel, Ray Sanders, bezeichnete die Vorwürfe als „absurd“ und fragte, wer so „lächerliche Anschuldigungen“ verbreite. Alle verwiesen darauf, dass ihre Meinungen für jedermann nachprüfbar in den Medien einsehbar seien.

Um nicht missverstanden zu werden: Es sei der EKD unbenommen, sich anti-zionistisch zu positionieren. Auch gibt es unter christlichen Israelfreunden vieles, das der Kritik würdig ist und jedermann profitiert von einem offenen Blick in den Spiegel. Wenn Kritik aber tatsächlich „Not wenden“ soll, ist eine sachliche Analyse unabdingbare Voraussetzung. Und genau da haben die kirchlichen Orientierungshelfer – zumindest im Blick auf den Christlichen Zionismus – versagt.

Mit herzlichem Gruß aus Jerusalem,

Ihr Johannes Gerloff


[1] Eine Orientierungshilfe herausgegeben im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München, 2012), 83-85.

Der Autor

By Published On: November 5, 20122,3 min read

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