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Liebe Leser,
die Stadt Hebron ist eines der Themen in dieser Ausgabe des Israelreport. Der Name Hebron, den man im Hebräischen „Chevron“ ausspricht, ist verwandt mit dem Wort „Chaver“. Auf Arabisch heißt die Stadt „Khalil“. Im Arabischen wie im Hebräischen erinnert der Name der Stadt daran, dass Abraham der „Freund“ Gottes war. Mehrfach nennt die Bibel ihn einen „Geliebten“ Gottes (Jesaja 41,8; 2. Chronik 20,7). Das Neue Testament betont, dass der Stammvater aufgrund seines Glaubens den Titel „Freund Gottes“ erhielt (Jakobus 2,23). Das greift der Koran auf: „Allah hat sich Ibrahim zum Freund genommen“ (Sure 4,125). Deshalb nennt die islamische Tradition den Erzvater „Ibrahim al-Khalil“, „Abraham den Freund“.
Doch die Stadt, deren Namen die Verbundenheit mit Gott propagiert, ist wie keine andere bekannt für Streitsucht und Hass. Der Volksschriftsteller Karl May ist bekannt für seine blühende Phantasie. Viele seiner Reiseromane hat er geschrieben, ohne die Reisen gemacht zu haben. Doch um die Jahrhundertwende bereiste er das Heilige Land. Danach beschrieb er Hebron in der Erzählung „Schammah, die ‚Verzeihung’“ als „die Stadt mit dem freundlichen Namen und der unfreundlichen Bevölkerung“. Aus der Perspektive der „political correctness“ unserer Zeit ist die Wortwahl des Sachsen nicht ganz astrein, was ich zu entschuldigen bitte:
„Hebron ist also in hohem Grade ehrwürdig, leider aber nicht freundlich gegen Fremde… Die Bevölkerung ist die bigotteste des ganzen Landes… Ein durch die Gassen Hebrons gehender Christ tut wohl daran, wenn er sich bemüht, die Augen der ‚wahren Gläubigen’ so wenig wie möglich auf sich zu ziehen, sonst kann es leicht kommen, dass wenigstens die Jugend hinter ihm herläuft, um ihn nicht nur mit Schimpfworten, sondern auch mit noch kompakteren Dingen zu bewerfen… Die Leute dort hauen zu, ohne erst um Erlaubnis zu fragen… Sie sind nämlich nur äußerlich Moslime, innerlich aber noch immer Kanaaniter. Die Feinheiten des Mosaismus und des Islam sind an ihnen vorübergegangen und nur der Bodensatz blieb haften.“
Was Karl May vor einem Jahrhundert geschrieben hat, ist hoch aktuell. Ein arabischer Freund, dessen Familie aus Hebron stammt, meinte einmal: „Hebron ist wichtig für uns. Es ist eine interessante Stadt, die ich gerne besuche. Aber wohnen wollte ich dort niemals.“ Seit Urzeiten war die Gegend um Hebron ein Land, das „seine Bewohner frisst“. Das hatten schon die Kundschafter des Mose gesehen (4. Mose 13,32).
Wie kommt es nun, dass die Stadt der Freundschaft so voller Feindschaft ist, und zwar seit Jahrtausenden? – Abraham war durch einen einzigartigen Bund mit Gott verbunden. Das war keine Allerweltsfreundschaft, der sich jeder Mensch guten Willens einfach anschließen konnte. „Wisst ihr nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein“, schrieb der Apostel Jakobus (4,4).
Ich weiß nicht, ob das einer der Gründe für die Dauerunruhe in der zweitheiligsten Stadt des Judentums ist. Aber ich habe den Eindruck, dass uns der Herr der Geschichte manchmal etwas sagen will durch das, was wir gemeinhin „historische Zufälle“ nennen. Wer aller Welt Freund ist, ist nur selten auch Gottes Freund. Wir sind gefragt, klar Stellung zu beziehen, selbst wenn wir uns dadurch keine Freunde schaffen sollten.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Johannes Gerloff