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Wenn Gott sich einem Menschen in besonderer Weise zuwendet, ihn erwählt, ihm einen besonderen Status verleiht und begabt, dann entspringt daraus eine Aufgabe. Die Erwählung des Gesalbten – sei er nun der judäische König David, das Volk Israel, der Christus Jesus von Nazareth, seine Nachfolger aus Juden und Nichtjuden oder auch der endzeitliche messianische Erlöser – trägt eine Beauftragung in sich. Der Gottessohn ist immer auch Gottesknecht, der Erbberechtigte immer auch Diener.
Das „Ja“ zum Ratschluss Gottes
In Vers 7 des zweiten Psalms hatten wir bereits gesehen, dass sich der Messias mit dem „feststehenden Beschluss des Herrn“ einverstanden erklärt, wenn er sich entschlossen hat, diesen weiterzuerzählen. Gott erwartet das aktive Einverständnis dessen, den er sich zum Werkzeug erwählt hat. Der Schöpfer sucht nicht willenlose Marionetten, sondern Kinder, die ganz bewusst und entschlossen wollen, dass „Dein Wille geschehe“ (Mt 6,10; 26,42; Lk 22,42). Das wird jetzt in Vers 8 noch einmal dick unterstrichen. Der Herr fordert seinen Messias auf: „Erbitte es von mir, dann will ich dir nichtjüdische Völker zum Erbteil geben, als dein Eigentum die Enden der Erde.“
Diese Aufforderung kommt von Gott. Der Sprachgebrauch erinnert an den Traum Salomos, in dem Gott dem jungen König sagt: „Bitte von mir, was ich dir geben soll“ (1. Kön 3,5).[1] Raschi[2] formuliert: „Bete zu mir die ganze Zeit, wenn du kommst, um gegen deine Feinde zu kämpfen.“ Genauso hatten schon die erhobenen Arme Moses den Kampf gegen Amalek entschieden (Ex 17,8-16). Gott will von denen, die in seinem Auftrag stehen, gebeten sein. Er sucht die aktiven Mitstreiter im Gebet.
Die Enden der Erde
So exklusiv und eingeschränkt die Auswahl des Messias, des gesalbten Königs, des gesalbten Volkes, der geistbegabten Gemeinde ist: Das Ziel von Gottes Wirken ist niemals ein kleiner Kreis von Exklusiven, sondern immer „die Enden der Erde“ (Vers 8). Der Schöpfer hört das Seufzen seiner unerlösten Schöpfung (Röm 8,22) – der ganzen Schöpfung! – und er leidet daran. Gott liebt die Welt (Joh 3,16), nicht nur eine Gruppe von Menschen. Bei aller Konzentration auf den Einzelnen, hat der Vater im Himmel immer das große Ganze des Kosmos im Blick.
Martin Luther verbindet Ps 2,8 mit Röm 15,8f. Dort schreibt Paulus an die heidenchristliche Gemeinde in Rom: „Der Messias ist Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die nichtjüdischen Völker aber sollen Gott loben um der Barmherzigkeit willen.“
Mit dieser Verbindung betont der Reformator, bewusst oder unbewusst, zuerst einmal den bleibenden Unterschied zwischen Israel und den nichtjüdischen Völkern. Luther kommt zu dem Schluss: „Daher wird Zion Christo zum Reiche gegeben, ohne daß er heischt; die Heiden aber werden ihm auf sein Heischen zum Erbe gegeben, gleichsam als ein Geschenk Christi, da ihnen nichts verheißen worden war.“[3]
Dann entwickelt Luther eine universalistische Perspektive: „Daher lasset uns das Wort dieses Psalms (damit wir das Erbe Christi nicht zu enge spannen) nicht der Lüge beschuldigen, weder wegen des schändlichen Verhaltens (perfidiam) der Türken, noch wegen der Menge anderer, die in Irrthum befangen sind. Denn wer könnte sonst auch unter uns wissen, welche in Wahrheit Christen seien? Sind denn nicht auch bei uns überaus viel böse Leute, und wenige sind gut? Die Kraft (auctoritas) des göttlichen Wortes ist größer, als daß wir sie begreifen könnten, wie viel mehr ist sie größer als unser Wähnen (suspicio) und unsere Vorstellung (phantasia), welche sich beschäftigt mit dem Ansehen äußerlicher Gebräuche.“[4] Bestechend ist an diesen Aussagen die Bescheidenheit im Blick auf „bei uns überaus viel böse Leute“. Gleichzeitig erkennt Luther in diesen Psalmworten eine Hoffnung für die islamische Welt.
Die Enden der Erde werden sich dem Herrschaftsanspruch des lebendigen Gottes beugen. Das ist keine Frage, sondern Gewissheit. Fraglich ist nicht ob, sondern wann das geschehen wird. Luther verweist darauf, dass die Parallele zwischen den „nichtjüdischen Völkern“ und den „Enden der Erde“ schon vor ihm beobachtet worden war: „St. Augustinus meint, daß hier eine Wiederholung derselben Sache (tautologiam) sei, es werde nämlich dasselbe ausgedrückt durch ‚die Heiden zum Erbe‘ und ‚der Welt Ende zum Eigenthum‘. Diese [Wiederholung] ist (wie ich gesagt habe) immer eine Anzeige der Gewißheit (firmitatis), durch welche unser Glaube desto mehr gestärkt wird.“[5]
Ein Exklusivitätsanspruch
Der Gott Israels ist nicht nur der Stammesgott irgendeines Wüstenvolkes. Er ist der Schöpfer des Himmels und der Erde. Er ist der Gott, vor dem sich einmal jedes Knie beugen und jede Zunge bekennen wird, dass er allein Herr ist (Ps 22,30; Jes 45,23; Röm 14,11; Phil 2,10). Vor ihm wird sich jeder Mensch verantworten müssen, ob er das will oder nicht.
So sehr Gottes Wesen Liebe ist, so sehr er vom Willen getrieben ist, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1. Tim 2,4), so sehr ist er auch heilig. Er kann und wird die Rebellion der Völkerwelt nicht unbeantwortet lassen. Deshalb hat der Messias auch nicht nur die Aufgabe zur Selbstaufopferung, wie das etwa bei Jesus erstem Kommen und der Erfüllung des Ps 2 zur Zeit des Pilatus und Herodes der Fall war. Der Gesalbte des Herrn hat eine Gerichtsfunktion: „Du wirst sie zerschlagen mit einem eisernen Stab, wie Töpfe sollst du sie zerschmeißen“ (Vers 9).
Der Richter-Hirte
Luther schreibt zum hebräischen „תְּרֹעֵם“ (zerschlagen), in dem auch der „Hirte“ (רעה) mitschwingt: „‚Du sollst sie zerschlagen‘ (reges eos) heißt im Hebräischen תְּרֹעֵם, was St. Hieronymus übersetzt hat: Du sollst sie weiden. Aber Johannes Reuchlin zeigt in seinen ‚Anfangsgründen‘ (rudimentis) viele Bedeutungen dieses Wortes an, nämlich: weiden, regieren, wegnehmen, schlagen, zerschlagen, oder zerschmettern und zerstoßen. Und diese letzte Bedeutung ist, nach meiner geringen Meinung, für diese Stelle die allergeeignetste, erstlich weil eine eiserne Ruthe, wie jedermann weiß, besser taugt zum Zerstoßen und Zerschmettern als zum Weiden und Regieren. Zweitens, zum Regieren hätte es genügt zu sagen: mit einem Scepter (virga), aber zum Weiden kann man passender Weise weder von einem Scepter noch von einem eisernen [Scepter] reden.“[6]
In vier hebräischen Buchstaben ist so ein ganzer Charakterstrang des Gesalbten zusammengefasst. Wir können in diesen vier Buchstaben den Hirtenjungen David sehen, der sich um seine Herde kümmert, dann aber durchaus entschieden aggressiv werden kann, wenn Löwe oder Bär angreifen (1. Sam 17,34-36). Wir sehen den guten Hirten, der einem einzelnen verlorenen Schaf nachgeht (Lk 15,1-7), der sein Leben für die Schafe hingibt (Joh 10,11), aber auch den Weltenrichter, der alle Völker zur Rechenschaft zieht, zwischen Schafen und Böcken unterscheidet, um die einen „zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben“ zu rufen (Mt 25,31-46).
Der eiserne Stab
Amos Chacham[7] erklärt, dass man den „eisernen Stab“ (שֵׁבֶט בַּרְזֶל) „benutzt, um einen rebellischen Sklaven zu bestrafen. Der Herr gibt dem König Israels die Vollmacht, die rebellischen Heiden zu beherrschen und sie mit der ganzen Strenge des Gerichts zu bestrafen.“[8]
Raschi meint, der „eiserne Stab“ sei „ein Schwert“. In Offb 19,15 stehen „ein scharfes Schwert“ und der „eiserne Stab“ parallel nebeneinander. Das Schwert, das eine von Gott eingesetzte Obrigkeit trägt, ist zu fürchten, weil sie dieses „nicht umsonst trägt“, wie Paulus schreibt (Röm 13,4).
Für Luther ist klar: „Was ist der Stab (virga) des Mundes Christi anders als das Wort Gottes, mit dem er die Erde zerschlägt, das heißt diejenigen, welche irdisch gesinnt sind? Was ist der Geist seiner Lippen anders als ebendasselbe Wort des Geistes, mit dem er den Gotlosen tödtet, auf daß er der Gottseligkeit lebe, nachdem er der Gottlosigkeit abgestorben ist? Dies ist das Scepter, gegen dessen Spitze in der Hand Josephs sich Jakob neigte, Gen 47,31 [Hebr 11,21], dies das Scepter, dessen Spitze die heilige Esther anrührete, Est 5,2.“[9]
Der Reformator ist sich darüber im Klaren, dass er mit seiner Auslegung den Boden des einfachen Wortlauts der Schrift verlässt und in eine allegorische Auslegung hinübergleitet: „Es wird aber [das Evangelium] in übertragener (μεταφόρικως) oder vielmehr in bildlicher Rede (αλληγόρικως) ein Scepter genannt.“[10]
Luther hat nicht unrecht, wenn er konstatiert: „gleichwie das Eisen alles zermalmt und zerschlägt, wie Dan 2,40 gesagt wird, so zermalmt das Wort Christi das Große, das heißt, es demüthigt die Stolzen, das Krumme macht es gerade, das heißt, es züchtigt die Zuchtlosen, das Gerade macht es krumm, das heißt, es beugt die Hoffährtigen, das Rauhe macht es glatt, das heißt, es macht die Zornigen gütig, das Kurze macht es lang, das heißt, es tröstet die Kleinmüthigen, das Lange macht es kurz, das heißt, es schreckt die Vermessenen, das Enge macht es weit, das heißt, die Kargen macht es freigebig, das Weite macht es enge, das heißt, die Verschwender macht es sparsam, das Stumpfe macht es scharf, das heißt, die Ungelehrten macht es gelehrt, das Scharfe macht es stumpf, das heißt, die Weisen macht es zu Thoren, es nimmt den Rost weg, das heißt, es vertreibt die Faulheit. Kurz, es zerstört jede fehlerhafte Gestalt und ändert sie in eine andere, die Gotte wohlgefällt.“[11]
Beim „eisernen Stab“ in Ps 2,9 geht es aber um mehr, als nur um eine übertragene, sinnbildliche Funktion des Wortes Gottes, durch das ein Gläubiger gereinigt, geheiligt und neu ausgerichtet wird. Genauso wie die einleitenden Verse des Psalms eine konkrete, heute sichtbare Situation beschreiben, geht es auch in den folgenden Versen um konkretes, weltpolitisches Geschehen. Luther weiß: „Siehe, was es heiße, sie mit einem eisernen Scepter regieren (regere), nämlich (wie er hier sagt) mit eisernem Horn viele Völker zerschmeißen.“[12]
Der Vergleich mit dem Tongefäß, das in unzählige kleine Scherben zerspringt, ist weit verbreitet in der Heiligen Schrift (Raschi), bis hin zu dem Schatz, den wir nach Aussage des Apostels Paulus, in „irdenen Gefäßen“ haben (2. Kor 4,7).
„Das hebräische Wort תְּנַפְּצֵם bedeutet, wie Reuchlin bestätigt, du sollst sie zerstreuen, zertheilen, auseinanderwerfen.“[13] Luther beobachtet weiter, dass „ein zerbrochener Topf völlig untauglich ist zu seinem früheren Brauch, so daß du siehst, wie das Wort Jes 30,14 erfüllt wird: ‚Man wird von seinen Stücken nicht eine Scherbe finden, darin man Feuer hole vom Herde, oder Wasser schöpfe aus einem Brunnen.‘“[14] „Für ein Tongefäß, das zerbrochen wurde, gibt es keine Wiederherstellung.“[15]
Der „Stab“ steht für die Herrschaft Gottes, die irgendwann unübersehbar immanent greifbar werden wird. Ps 45,7 sagt: „Dein Thron, Gott, ist für immer und ewig. Ein geradliniger Stab ist der Stab deiner Königsherrschaft.“ Psalm 2 zeigt auf, was bereits Hanna, die Mutter des Propheten Samuel, in ihrem Lobgesang bekannt hat (1. Sam 2,6f.): „Der Herr tötet und macht lebendig. Er führt in das Totenreich hinab und [wieder] herauf. Der Herr macht arm und macht reich. Er erniedrigt und erhöht.“
Der kommende Messias, …
Nach neutestamentlichem Zeugnis ist es zunächst einmal der erhöhte Messias, der vor zweitausend Jahren als leidender Christus seinen Weg von der Krippe bis zum Kreuz gegangen ist und in naher Zukunft als Weltherrscher wiederkommen wird, um die Völker zu regieren. In der Offenbarung des Johannes ist er derjenige, „aus dessen Mund ein scharfes, zweischneidiges Schwert“ hervorgeht (Offb 1,16), mit dem er die nichtjüdischen Völker schlägt. Im Prinzip paraphrasiert der Seher Johannes Ps 2,9 (Offb 19,15): „Er weidet sie mit eisernem Stab. Er stampft die Kelter des Weins des grimmigen Zornes des allmächtigen Gottes.“
Damit greift das Neue Testament auf, was bereits die Propheten des alten Israel gesehen haben. Jesaja beschreibt das „Reis aus dem Stamm Isais“ als denjenigen, der „das Land mit dem Stab seines Mundes“ schlägt. „Mit dem Geist seiner Lippen tötet er Böse“ (Jes 11,4). In Kapitel 49 beschreibt er den Gottesknecht, dessen Mund Gott „wie ein scharfes Schwert gesetzt“ hat (Vers 2). Eigenartig verschwommen – und das halten wir als Beobachtung für das Folgende fest – identifiziert Jesaja diesen Gottesknecht, der als einzelne Person „von Mutterleib an berufen“ ist (Vers 1) ausdrücklich mit dem Kollektiv des Volkes Israel (Vers 3).
Der deutsche Alttestamentler Franz Delitzsch[16] schrieb: „Das Amt des Messias ist nicht nur das des Retters, sondern auch das des Richters. Erlösung ist der Anfang, Gericht das Ende seines Werkes… Der Herr selbst nimmt in den Evangelien oft Bezug auf die Tatsache, dass er neben dem Friedenszepter und dem Hirtenstab auch das eiserne Zepter trägt (Mt 24,50ff; 21,44; Lk 19,27). Der Tag seines Kommens ist in der Tat ein Tag des Gerichts – der große Tag des Zornes des Lammes (Offb 6,17).[17]
Zweifellos beschreibt Ps 2,9 den Vorgang von Sach 9,9f., wo derjenige, der vor zweitausend Jahren „arm“ „auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin“ in Jerusalem einzog, „den Streitwagen aus Ephraim“ und „das Pferd aus Jerusalem“ – das heißt, die mächtigsten Waffensysteme, die in der damaligen Zeit vorstellbar waren – „ausrotten wird.“ Er fasst zusammen: „Der Bogen des Krieges wird ausgerottet sein.“ Wenn der messianische König den nichtjüdischen Völkern, die gegen ihn rebellieren, Frieden gebietet, dann kann der erste Schritt ein Zerschlagen sein, wie es Psalm 2 beschreibt. Letzten Endes wird es dazu führen, dass sich „seine Herrschaft von Meer zu Meer, und vom Strom bis an die Enden des Landes“ erstrecken wird.
Wenn wir die fünf Verstehensebenen von Ps 2 im Kopf haben, ist es denkbar, dass die Regionalpolitik von König David vor dreitausend Jahren dieses Szenario, das heute weltweite Ausmaße hat, im Kleinen vorgespiegelt hat.
… sein Volk Israel, …
Ps 110,2 sagt, dass „der Herr den Stab seiner Kraft von Zion aussenden“ wird. Mi 4,13 wird konkreter, wenn dort gefordert wird: „Steh auf und drisch, Tochter Zion. Denn dein Horn mache ich [aus] Eisen. Deine Hufe mache ich [aus] Bronze. Du wirst viele Völker niedertreten.“ Jes 41,15f. und Sach 12,6 sind weitere Texte, die ein ähnliches Szenario beschreiben, in denen das Volk Israel von Gott gebraucht wird, um nichtjüdische Völker zu richten.
… und wir?!
Nein, ich will weder dem jüdischen Volk noch seinem modernen Staat Israel irgendwelche Handlungsanweisungen aus diesem Text herauslesen – und schon gar nicht im Krieg begangenes Unrecht rechtfertigen. Das steht mir nicht zu. Das würde auch denjenigen, die in den Wirren kriegerischer Auseinandersetzungen schuldig geworden sind oder werden, in keiner Weise helfen.
Aber was ist, wenn der prophetische Text Szenarien voraussagt, um uns darauf vorzubereiten, im richtigen Augenblick das Richtige zu tun?
Zweifellos sieht der gesamtbiblische Zusammenhang nicht nur den messianischen König der Endzeit als Völkerrichter, sondern auch sein Volk Israel als Gerichtswerkzeug. Und die Apokalypse des Johannes, die das Richtschwert für die Völker zweimal im Blick auf den erhöhten Christus erwähnt (Offb 12,5; 19,15), sieht es auch einmal in der Hand eines siegreichen Christusnachfolgers.[18] In Offb 2,26f. sagt der Auferstandene: „Wer überwindet und meine Werke bis zum Ende bewahrt, dem gebe ich Vollmacht über die nichtjüdischen Völker. Er wird sie mit einem eisernen Stab weiden. Wie Tongefäße wird er sie zerschmettern.“
Das bedeutet nicht, dass wir als Jesus-Nachfolger unserem wiederkommenden Herrn das Schwert aus der Hand nehmen und zuschlagen sollten – schon gar nicht vor der Zeit. Aber die Bibel zeigt uns, dass der Herr das Volk Israel und uns in sein Handeln mit dieser Welt, nicht nur in Gnade, sondern auch im Gericht, einbindet.
Als Gedankenanstoß: Im zweiten Teil des Jesaja-Buches wird mehrfach ein ähnliches Szenario wie hier in Psalm 2 angedeutet. Ich habe mehrfach Krieg miterlebt und kenne Soldaten, die im Krieg furchtbar schuldig wurden. Keiner, der in den Krieg zieht, kommt ohne Traumata davon. Deshalb bin ich sehr vorsichtig geworden, irgendjemanden darum zu beneiden, auserwählt zu sein, oder mir gar selbst Erwählung zu wünschen.
Jes 40 beginnt mit den Worten: „Tröstet, tröstet mein Volk!“, redet vom Ende des „Militärdienstes“ (Luther hat „Knechtschaft“ übersetzt) und macht Schuld in keiner Weise zur Bagatelle. Gott offenbart uns nur selten etwas, wenn es uns nicht direkt betrifft. Deshalb stellt sich die Frage: Wenn Ps 2 in unsere Zeit hineinspricht, was ist dann unser Auftrag?
Fußnoten:
[1] עמוס חכם, ספר תהלים, ספרים ג-ה, מזמורים עג-קן (ירושלים: הוצאת מוסד הרב קוק, הדפסה שישית תש”ן/1990), ח.
[2] Rabbi Schlomo Ben Yitzchak (1040-1105) oder auch „Rabbi Schlomo Itzchaki“, gemeinhin „Raschi“ genannt, wurde im nordfranzösischen Troyes geboren, studierte zehn Jahre in Mainz und Worms, bevor er wieder nach Troyes zurückkehrte, wo er sich als Richter und Lehrer auszeichnete. In seinen letzten Lebensjahren erlebte er die Judenverfolgungen der Kreuzzüge mit. Raschi gehört zu den ganz großen Auslegern jüdischer Schriften und ist der Erste, der Bibel und Talmud umfassend ausgelegt hat. Seine Grundanliegen waren, die Heilige Schrift unters Volk zu bringen, die Einheit des jüdischen Volkes zu fördern und die theologische Auseinandersetzung mit dem Christentum. Raschi unterschied scharf zwischen „Pschat“ (wörtlicher Auslegung) und „Drasch“ (übertragener, allegorischer Auslegung), wobei der Pschat den Ausschlag gibt. Seine Schriftauslegung hat den Reformator Martin Luther entscheidend geprägt.
[3] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 278.
[4] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 279.
[5] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 279.
[6] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 281-282.
[7] (1921-2012), wurde in Israel bekannt als Gewinner des ersten israelischen und weltweiten Bibelquiz. Sein behinderter Vater, Noach Chacham, war ein jüdischer Bibellehrer, der 1913 von Wien nach Jerusalem übergesiedelt war. Er hatte den einzigen Sohn aus Angst vor einem Sprachfehler nicht an eine öffentliche Schule geschickt, sondern in äußerst ärmlichen Verhältnissen selbst ausgebildet. Das Bibelquiz im August 1958 offenbarte sein Genie und begründete seine legendäre Laufbahn als Schriftausleger.
[8] עמוס חכם, ספר תהלים, ספרים ג-ה, מזמורים עג-קן (ירושלים: הוצאת מוסד הרב קוק, הדפסה שישית תש”ן/1990), ח.
[9] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 282-283.
[10] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 283.
[11] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 285.
[12] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 282.
[13] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 286-287.
[14] Johann Georg Walch (hg.), Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Vierter Band. Auslegung des Alten Testaments (Fortsetzung). Auslegung über die Psalmen (Groß Oesingen: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 2. Auflage, 1880-1910), 287.
[15] עמוס חכם, ספר תהלים, ספרים ג-ה, מזמורים עג-קן (ירושלים: הוצאת מוסד הרב קוק, הדפסה שישית תש”ן/1990), ח.
[16] Franz Julius Delitzsch (1813-1890) war ein deutscher, lutherischer Theologe und Hebraist. Er lehrte an den Universitäten Rostock, Erlangen und Leipzig. Delitzsch hatte eine ungewöhnliche Kenntnis des rabbinischen Schrifttums. Am bekanntesten sind seine Übersetzung des Neuen Testaments ins Hebräische und eine Kommentarserie über das Alte Testament, die von Carl Friedrich Keil herausgegeben wurde. 1880 gründete Delitzsch in Leipzig das Institutum Judaicum. Der Judenmissionar John Duncan schrieb über Professor Delitzsch, er habe „an der göttlichen Autorität und Inspiration des ganzen Alten Testaments festgehalten“ in einer Zeit, in der dies „viele aufzugeben schienen“.
[17] C.F. Keil and F. Delitzsch, Psalms 1-35, Commentary on the Old Testament vol.5/1. Translated by Francis Bolton (Peabody, Massachusetts/USA: Hendrickson Publishers, February 1989), 91.
[18] Derek Kidner, Psalms 1-72. An Introduction & Commentary, TOTC (Leicester/England and Downers Grove, Illinois/USA: Inter-Varsity, 1973), 51.